Das Universum scheint einfacher zu sein, als es die aktuellen Theorien erahnen lassen. Die jüngsten Beobachtungen, von den weiten kosmischen Ausdehnungen bis hin zu den kleinsten Teilchen, offenbaren nicht die von Wissenschaftlern erwartete Komplexität. Diese Erkenntnis stellt die großen Modelle der modernen Kosmologie, wie die Stringtheorie und die kosmische Inflation, in Frage.
Seit Jahrzehnten schlägt die Stringtheorie vor, dass das Universum aus winzigen, vibrierenden Schleifen von Materie besteht. Um zu funktionieren, führt sie jedoch zusätzliche unsichtbare Dimensionen des Raums ein, die in sich selbst zusammengefaltet sind. Die Inflation hingegen schlägt vor, dass das Universum kurz nach dem Urknall eine rasante Ausdehnung erlebte, was erklärt, warum es so gleichmäßig erscheint. Dennoch hat bis heute keine dieser Hypothesen konkrete Beweise erhalten, trotz ihrer theoretischen Qualitäten.
Die Vorhersagen der Inflation, insbesondere Gravitationswellen mit sehr langer Wellenlänge, wurden bisher nicht beobachtet. Mehrere Inflationsmodelle werden sogar durch die derzeitigen Messungen ausgeschlossen. Diese Diskrepanz zwischen Theorie und Realität veranlasst einige Forscher, andere Wege zu erforschen.
Zwei Physiker, darunter Latham Boyle, schlagen eine einfache und mutige Alternative vor: ein symmetrisches Universum, bei dem der Urknall ein „zeitliches Spiegelbild“ erschaffen hätte. In ihrer „Spiegel“-Hypothese wird das Universum von einem Anti-Universum begleitet, das sich rückwärts in der Zeit entwickelt und dabei eine Symmetrie namens CPT einhält, ein Prinzip, das Materie und Antimaterie in Zeit und Raum ins Gleichgewicht bringt.
Dieses „Spiegel“-Modell könnte mehrere Rätsel der modernen Kosmologie erklären. Es würde beispielsweise eine elegante Antwort auf das Rätsel der Dunklen Materie geben: Hypothetische Teilchen, sogenannte „rechtshändige“ Neutrinos, die außer durch ihren gravitativen Einfluss unsichtbar sind, könnten diese Materie darstellen. Und diese Hypothese ist überprüfbar: Wenn sie korrekt ist, dann sollte einer der drei bekannten Neutrinotypen masselos sein, eine Eigenschaft, die von Forschern derzeit untersucht wird.
Die Forscher haben sich auch mit der Frage der Entropie beschäftigt, einem Konzept, das mit der Ordnung des Universums zusammenhängt. Ihrer Meinung nach wäre ein einfaches, flaches und sich ausdehnendes Universum, wie wir es beobachten, der wahrscheinlichste und stabilste Zustand. Dieser Ansatz, der auf Wahrscheinlichkeitsberechnungen beruht, könnte erklären, warum unser Universum so gleichförmig ist, ohne auf die Inflation zurückgreifen zu müssen.
Noch besser: Quantenvariationen in diesem „Spiegel“-Universum wären ausreichend, um die beobachteten Strukturen wie Galaxien zu erklären, ohne jene bisher nicht nachgewiesenen Gravitationswellen zu erzeugen.
Diese alternative Theorie muss noch weiter verfeinert werden, aber sie bietet eine erfrischende und intuitivere Sichtweise des Universums. Die Forscher ermutigen die wissenschaftliche Gemeinschaft, diese neuen, weniger komplexen Perspektiven in Betracht zu ziehen, um das Verständnis des Universums voranzutreiben. Indem man zu den Beobachtungen zurückkehrt, statt sich auf komplizierte mathematische Modelle zu verlassen, könnte es sein, dass die Geheimnisse des Universums tatsächlich zugänglicher sind, als bisher angenommen.