Diese unumstößliche Regel der Chemie ist... falsch! 🧪
Veröffentlicht von Adrien, Quelle:Science Andere Sprachen: FR, EN, ES, PT
Die organische Chemie könnte am Anfang einer neuen Ära stehen. Ein Forschungsteam der UCLA behauptet, dass ein grundlegendes Prinzip, das seit einem Jahrhundert gelehrt wird, nicht zutrifft. Ihre Entdeckung stellt das Verständnis von organischen Molekülen auf den Kopf und könnte die Auffassung bestimmter chemischer Reaktionen neu definieren.
Organische Moleküle, die hauptsächlich aus Kohlenstoff bestehen, haben gut definierte dreidimensionale Strukturen. Olefine beispielsweise sind Verbindungen mit Doppelbindungen zwischen zwei Kohlenstoffatomen, die in der Regel eine flache Geometrie bilden. Diese Regel der Planarität gilt jedoch nicht immer, wie die neuen Forschungen zeigen.
Seit 1924 lehrt das „Bredt-Prinzip“, dass eine Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung nicht an den Verzweigungspunkten eines bikylischen Moleküls existieren kann, wo die Winkel zu stark eingeschränkt sind. Diese Idee wurde als unumstößlich betrachtet und schränkte die Versuche ein, neue Moleküle zu schaffen.
Die Forscher der UCLA haben jedoch gezeigt, dass diese Einschränkungen nicht absolut sind. Sie haben es geschafft, Moleküle namens Anti-Bredt-Olefine zu synthetisieren, womit sie dieses alte Paradigma widerlegen. Diese Strukturen, die theoretisch instabil sind, können eingefangen werden, um in der Chemie verwendbare Verbindungen zu schaffen.
Neil Garg, der Chemiker, der für diesen Durchbruch verantwortlich ist, kritisiert diese „unumstößlichen Regeln“, die seiner Meinung nach die Kreativität von Wissenschaftlern behindern. Er ist der Ansicht, dass ein starres Rahmenwerk in der Chemie manchmal wesentliche Innovationen verhindern kann, insbesondere in der Pharmakologie.
Im Labor hat das Team Silanverbindungen in Kombination mit einer Fluoridquelle verwendet, um eine Eliminierungsreaktion auszulösen. Dieses Verfahren ermöglichte die Erzeugung von Anti-Bredt-Olefinen. Ein Hilfsmolekül stabilisierte dann diese flüchtigen Strukturen, um nutzbare Verbindungen daraus zu gewinnen.
Atome, die gegen die Bredt-Regel verstoßen, in Rot. Bild Wikimedia
Ihre Methode hat in der Pharmaindustrie besonderes Interesse geweckt. Diese neuen molekularen Geometrien könnten nämlich zur Entwicklung wirksamerer Medikamente beitragen, so Garg. Das Potenzial der Anti-Bredt-Olefine geht weit über deren bloße Synthese hinaus: Sie ebnen den Weg für unerwartete Anwendungen.
An den Arbeiten waren mehrere Forscher beteiligt, darunter Studenten, Postdoktoranden sowie Professor Ken Houk, ein Experte für Computergestützte Chemie. Ihre Zusammenarbeit ermöglichte das Verständnis der Mechanismen auf molekularer Ebene und deren praktische Machbarkeit.
Mit dieser Entdeckung rufen die Forscher zu einer Überarbeitung der Lehrbücher auf und fordern, die Chemie flexibler zu betrachten. Das Bredt-Prinzip, das einst als universelle Wahrheit galt, könnte bald zu einer bloßen Richtlinie herabgestuft werden.
Was ist die Bredt-Regel in der organischen Chemie?
Die 1924 formulierte Bredt-Regel betrifft die Struktur zyklischer Moleküle. Sie besagt, dass eine Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung nicht an einem Verzweigungspunkt (dem sogenannten „Bridgehead“) in einem bikylischen Molekül entstehen kann, wenn die Winkel um diese Bindung zu stark verzerrt wären.
Diese Regel basiert auf der Annahme, dass die durch die Doppelbindung erzwungene Geometrie instabil wäre. Ein übermäßiger Winkelzwang würde es erschweren, solche Moleküle zu synthetisieren, und falls sie doch existierten, wären sie höchst reaktiv oder nur von kurzer Dauer.
Neuere Forschungen haben jedoch gezeigt, dass es möglich ist, Verbindungen zu synthetisieren, die gegen diese Regel verstoßen, sogenannte Anti-Bredt-Olefine. Diese neuen Moleküle eröffnen unerwartete Perspektiven in der Chemie, insbesondere bei der Entwicklung neuer Medikamente.